Nong Khai ist eine Kleinstadt im Nordosten Thailands, ungefaehr so gross wie Lueneburg, gelegen am Ufer des Mekongs. Auf der anderen Seite des grossen Flusses ,liegt das weitaus aermere Laos. Von den Riverside-Restaurants der jeweiligen Ufer, kann man sich quasi gegenseitig zuwinken.
Das ruhige beschauliche Nong Khai hatte sich mit der sog. Friendshipbridge, die beide Laender miteinander verbindet vor allem auf den Warenexport in das kommunistisch regierte Lao eingestellt. Ich wollte eine Nacht, in dieser doch eher unspektakulaeren Kleinstadt verbringen. So ein wenig Feldforschung in der Provinz, bevor es weiter Richtung Heimat gehen sollte.
Ich hatte schon seit geraumer Zeit das Gefuehl, dass es an der Zeit war, fuer mich eine kleine Auszeit zu nehmen von meinem Leben „on the road“! Nicht aus finanziellen Gruenden, sondern vielmehr wegen: zuviel gesehen – zuviel erlebt! Alles ist mir zur gewoehnlich geworden – ohne dieses zu wollen. Mein neugieriger Blick schien durch die ganze rumreiserei nicht mehr intakt. Ferner sind die guten alten Adidas Samba Turnschuhe runter, die Nikon Digital Kamera nunmehr voellig am Ende und mein Reisepass voller Stempel und Visa. So voll, dass ich mich vor kurzem selbst kriminalisierte, indem ich sorgfaeltig eines der indonesischen Visa von einer der Seiten des Passes entfernte, um Platz zu schaffen fuer ein Laosvisa. Die anschliessend noch leicht klebrige Seite, auf dem sich das indonesische Einreisedokument befand, versuchte ich anschliessend mit Rasierwasser zu reinigen! Ohne grossen Erfolg muss ich gestehen. Gluecklicher Weise hat es der laotische Konsul nicht gemerkt.
Es war noch frueher Mittag, als ich mit meinem Gepaeck die Guesthouses von Nong Khai nach einem billigen Zimmer abklapperte. Dabei kam ich an einer Bar vorbei. Sie trug den Namen Skandinavian Bakery. An einem der Tische, sassen so um die 10 abgehangene Maenner. Ab 55 Jahre aufwaerts ,mit Schweissperlen auf der Stirn und fettigem Haar – d.h. indem Falle in dem sie noch welche besassen. Ihr Tisch stand voller Bierflaschen und einer der Herren gestaltete sich haesslischer als der andere. Es wird einem in der westlichen Welt ja immer eingeredet, dass innere Schoenheit die eigentliche und wichtigere waere. Diese schien man mir an diesem Tisch aber bereits versoffen zu haben! Recht schnell wurde mir bewusst, dass sich das unspektakulaere Nong Khai wirtschaftlich ein zweites Standbein geschaffen hatte. Expats, sie fuehlten sich wohl hier – nicht zuletzt wegen der Naehe zur Republik Laos – fuer den sogenannten Visarun! Viele betagte Maenner aus der priviligierten Welt hatten sich also hier nieder gelassen, um billig den Rest ihres Lebens zu verbringen. Fuer rund 100 Euro im Monat konnte man sich vor Ort ein Appartment mit allem Komfort mieten. Auch das Essen ist billig und natuerlich gab es wo Nachfrage ist auch Maetraessen. Ein verlockendes Leben also?! Da gab es graumelierte Herren, die fast um 2 Meter gross waren und so dicke Oberarme hatten wie Oberschenkel von Miroslav Klose. Die Plauze ragte oft so weit nach vorne, dass sie ihre Schuhspitzen nicht mehr erkennen konnten. An der Hand hielt man nicht selten ein kleines ca. 1,50 m grosses schokoladenbraunes Maedchen, dass auf Zehenspitzen gehen musste um ueberhaupt an die Hand des westlichen Liebhabers zu reichen! Das sah manchmal schon etwas komisch aus.
Nachdem ich dann in einem lausigen 100 Bhat Zimmer eingecheckt hatte (es mal mal wieder etwas Zeit zu leiden – nach den luxerioesen Behausungen meiner vergangenen Reisewochen ), wollte ich zum oertlichen Bahnhof um mir ein Ticket fuer den Nachtzug am darauffolgenden Tag nach Bangkok zu besorgen. Herauszufinden wo sich dieser befand, gestaltete sich zunaechst schwieriger als gedacht, da die Thais immer noch so schlecht Englisch sprechen wie vor 20 Jahren, als ich dass erste mal im Land des Laechelns war. Der Bhf. lag ca. 4 km ausserhalb des Zentrums von Nong Khai. Ich wollte dort zu Fuss hin. Nicht zuletzt um das Staedtchen naeher kennen zu lernen. Ich lies mir das Wort Bhf. in Thai auf ein Kaertchen schreiben um den Weg zu meinem Ziel besser zu finden. Unglaeubig schuettelten die Thais immer wieder den Kopf, wenn ich sie nach dem Weg fragte. Notorisch zeigte man, um sein Gesicht zu wahren mit dem Finger auf ein Tuk-Tuk. Die Strecke waere doch viel zu weit ohne fahrbaren Untersatz. Eine Strecke die weiter ist als 500 m, wird in Asien nicht zu Fuss gegangen. Ein Phaenomen, dass ich wohl nie ganz verstehen werde. Zu Fuss gehen, ist in Asien eben einfach uncool!
Auf dem Rueckweg vom Bhf. machte ich dann Halt in einem Internetcafe. Neben mir sass ein gepflegter, aelterer, nach Rasierwasser duftender in weissem schicken Hemd gekleideter Franzose. Er machte auf Busineesman, NGO oder UNO-Mitarbeiter. Dieser Typus tritt in den letzten Jahren im haeufiger in das Erscheinungsbild der Touristenszene, so meine Feststellung. Man gibt sich gepflegt, weltmaennisch und macht gerne auf elder statesman. Wohl nicht zuletzt weil die Frauen drauf zu stehen schienen.
Der Franzose giggelte staendig vor sich hin, was nach einer Weile meine Neugierde entfachte. Ich schaute mit meinem linken Auge vorsichtig schielend rueber auf seinen Bildschirm, um herauszufinden worueber sich unser Gentleman denn so amuessierte. Er schaute sich zu meinem erstaunen Videos an, auf denen Tiere auf bestialische Art und Weise zu Tode gequealt wurden. Ich wusste gar nicht das es so etwas gibt, muss aber auch dazu sage , dass ich nie darueber ausfuehrlicher nachgedacht habe!
Ein Hund war da zu sehen, den man an seinen Hinterlaeufen an 2 Haken aufgehaengt hatte. Ein Mann war dabei, Diesem bei lebendigem Leibe das Fell abzuziehen. Das Tier windete sich und jaulte vor Schmerz. Es war eine lange aufwendige Prozedur. Denn so einfach liess sich das Fell des Hundes ohne Hilfmittel wie einem Messer oder aehnlichem nicht von dessen Koerper zu trennen. Das Fell wurde ihm quasi vom Hinterteil aus gesehen ueber die Ohren gezogen. Um das Spektakel scharrten sich Maenner die lachten. Dem Video nach zu urteilen, muss es irgendwo in Zentralasien oder Pakistan gedreht worden sein. Auch unser Franzose schien, je mehr sich das Tier quaelte an Freude zu gewinnen. Irgendwann – nach 5 langen Minuten war es dann endlich so weit. Der Hund war nackt! Er sah aus wie ein Alien aus einem Fantasiestreifen, war aber erstaunlicher Weise immer noch am Leben. Er zuckte noch vor sich hin. Man schmiess das Tier auf den Boden und ein letztes Mal hob die Kreatur ihren Kopf und schaute unglaeubig in die staunende Menge. Dann drehte es langsam seinen Kopf nach links und rechts. Ich hatte ploetzlich das Gefuehl, dass es mich mit seinen traurigen Augen, an denen sich sogar noch die Wimpern sich befanden, anschaute. Es vermittelte mir die Botschaft – warum habt ihr das mit mir gemacht, was hab ich Euch denn getan? Was seit ihr bloss fuer seltsame Wesen ihr Menschen. Dann legte es langsam seinen Kopf zur Seite und verschied. Mir kamen die Traenen (was eher selten passiert) und ich verspuerte in diesem Augenblick einen unglaublichen Hass auf den Franzosen. Dieser hatte das auch mittlerweile schon bemerkt und warf mir einen abfaelligen Blick zu. Nach dem Motto; misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein. Er stand auf und verschwand scheinbar befriedigt auf seinem Motorroller. Ich blickte ihm hinterher und aergerte mich, dass ich ihm keines in die Fresse gehauen habe!
Wo befindet sich die Grenze zwischen Toleranz und Zivilcourage? Hier agierte ich ohne Zweifel sicherlich zu feige! Das Video verfolgte mich noch den ganzen Rest des Tages bis tief in die Nacht hinein. Gegen 1 Uhr morgens schlief ich dann endlich in meinem Moskito verseuchten 100 Bhat Zimmer ein.
Diese Leute von Google erfinden doch immer wieder etwas neues: