Wie jede Reise neigt sich auch mein diesjähriger Roadtrip durch Westafrika, mit immerhin sieben durchquerten Ländern, seinem Ende zu. Nach ein paar Tagen in Sanyang, einem einfachen Strand mit viel Reggaemusik und Marihuanageruch im Süden des Landes, bin ich jetzt in Kololi, dem Epizentrum des gambischen Tourismus. Ich wollte mir zum Schluss nochmal anschauen, wie sich in diesem kleinen Land der Pauschaltourismus entwickelt hat.
Vier afrikanische Sterne habe ich mir zum Abschluss nach den staubigen Entbehrungen der letzten Wochen gegönnt. Bamboo Village Resort nennt sich die Anlage, man wohnt in netten afrikanischen Rondavels, landestypische Rundhäuser mit schilfartigen Grass bedeckt. Es gibt einen recht gepflegten großangelegten Pool, der sich durch das gesamte Areal zieht und sogar ein Animationsprogramm, das glücklicherweise von den Gästen kaum in Anspruch genommen wird.
Inklusive im Preis von fünfzig Euro ist ein einfaches, aber reichliches Frühstücksbuffet, an welchem man morgens Astrid aus Leipzig mit dem Jobateh oder die Jane aus Birmingham mit ihrem Mboge trifft. Das Bamboo ist eine kleine Wohlfühl-Oase in Kololi, wo in die Jahre gekommene Damen in schrillbunten Boubous, ein locker fallendes, weites landestypisches Kleid, und blond gefärbten Haaren, ihren zweiten Frühling erleben. Die Damen sind meist über sechzig, oft weit darüber, während der Gambianer in der Regel unter dreißig Jahre alt ist, meist von schlaksiger Statur mit Rastafrisur.
Ungefähr so, wie in Thailand, nur umgedreht. Vor allem ältere Engländerinnen scheinen sich in der ehemaligen englischen Kolonie wohlzufühlen, nicht nur wegen des Englischs, das hier immer noch halbwegs gut gesprochen wird. Als “Granbia“ bezeichnet die traditionell zynische englische Presse genüsslich das kleine westafrikanische Land wegen dieser Gepflogenheit. Ein Wortspiel aus Granny für Großmutter und Gambia.
Das knapp drei Millionen Einwohner zählende Gambia gehört zu den kleinsten Ländern in Afrika und wird hauptsächlich von Pauschaltouristen bereist. Ein 450 Kilometer langer Schlauch, oft weniger als 50 Kilometer breit, der sich von der Atlantikküste entlang des Gambia Rivers ins Inland zieht. Gambia gehört zu den ärmsten Ländern Afrikas. Haupteinnahmequellen sind Tourismus, Entwicklungshilfe und Landwirtschaft.
Als etwas anstrengend empfinde ich insbesondere die Küstenregionen von Gambia, an denen sich quasi der gesamte Tourismus abspielt. Ich habe immer gedacht, dass die Ägypter und Marokkaner die Poleposition innehaben, wenn es darum geht, uns Touristen das Leben schwer zu machen. Der Pauschaltourismus hat die Einheimischen zu Glücksrittern gemacht. Selten vergehen mehr als zehn Meter Strandspaziergang, ohne dass einem eine geschäftstüchtige Hand entgegengestreckt wird. Wird diese ignoriert, kann es auch mal zu Beschimpfungen kommen: Be polite, show respect, don’t come here anymore…
Ich gehe selten zum Strand, auch wenn er recht schön, breit und für hiesige Verhältnisse gepflegt ist. Es ist mir einfach zu anstrengend, ewig dieses sinnentleerte Gequatsche. Aber einer Sache wollte ich doch nochmal auf den Grund gehen. Der Atlantik ist ja bekanntlich ziemlich rau und vor allem kalt. Kurzum, so gut wie niemand badet darin. Eigentlich sieht man fast Niemanden, der badet. Gleichzeitig gibt es aber am Strand, gefühlt alle zwanzig Meter, schattenspendende Unterstände mit Gruppen von gelangweilten Lifeguards, meist junge Männer, alle im gleichen gut erkennbaren roten Bademeisterdress. Vor jedem solch Lifeguard Unterstand steht in auffälliger Farbgebung eine Donation Box mit großer Aufschrift. Eine westliche NGO gibt sogar morgens lebensrettenden Unterricht. Erinnerte mich fast an Baywatch.
Kurzum, gefühlt achtzig junge Bademeister an einem überschaubaren Strandabschnitt, in dem so gut wie nie einer schwimmt. Da darf man sich doch mal bitte wundern. Aber die wache Zeit erzeugt immer wieder Sonderbarkeiten und schon wieder musste ich an Radwege in Peru denken.