Alle Artikel mit dem Schlagwort “featured

Kommentare 0

4. Phnom Penh – Everything in it’s right place…

Die Welt ist entdeckt. Fast zumindest. Kaum noch Geheimnisse. Entzaubert durchs Internet? In Jakarta oder Kuala Lumpur sieht eine Einkaufspassage aus wie in der westlichen Welt. Nein, eher größer! Die exotischen Winkel, die kleinen Pensionen, die sogenannten Sehenswürdigkeiten liegen alle am großen Gemeinplatz. Jeder Zentimeter durchorganisiert. Touristenviertel, so groß wie das Münchner Oktoberfest. Mit ähnlich schmerzhaftem Trubel. Nach Südostasien verirren sich wohl heutzutage die meisten Reisenden. Afrika, der nahe Osten oder Lateinamerika sind zu gefährlich geworden. Hier ist das Leben bequem und billig. Es lässt sich gut aushalten. Die Besucherzahlen steigen kontinuierlich. Man fängt an, sich auf die Füße zu treten. Die Wohnsilos für Ausländer in Manila, Bangkok, Phnom Penh und sonst wo, werden luxuriöser und höher. Weiterlesen

Kommentare 0

3. Phnom Penh – Elephant Bar

Es dauerte eine ganze Weile, bis ich erkannte, welches Lied da auf dem alten Piano gespielt wurde. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich nochmals auf die einzelnen Töne. Dann hatte ich es, es war In my Life von den Beatles. Der von Lennon geschriebene Song, klimperte als Jazzversion derart verfremdet in einer Endlosschleife vor sich hin, dass ihn mein geschultes Ohr kaum entschlüsseln konnte. Ich sitze an dem von mir gewählten Tisch an der Südseite des Raumes. An dem, mit den vier großen Sesseln. Fast schon ein bisschen frech. Aber von hier hatte man den besten Überblick. Die Gratissnacks des Hauses, Nüsse und getrocknete Bananenscheiben, stehen bereits auf dem Tisch. Vertieft in die Karte, suche ich nach dem günstigsten Drink.

Ich bin in der Elephant Bar im Le Royal, dem traditionsreichsten Hotel in Phnom Penh. Ich dachte, nach über zwölf Jahren in Kambodscha, sei es mal an der Zeit dort vorbei zu schauen. Das Hotel wurde 1929 eröffnet und von einem gewissen Ernest Hébrard im Art Deco Stil entworfen. Hébrard war seinerzeit bekanntester Stadtplaner Indochinas. Er saß unter anderem auch für das vietnamesische Saigon und Dalat am Zeichentisch. Zweihundertsiebzig Dollar zahlt man heute für das billigste Zimmer im Le Royal, das mittlerweile zur Raffles-Gruppe gehört. Ein Unternehmen aus Singapur, das sich auf das Aufpolieren alt-ehrwürdiger Hotels spezialisiert hat.

Viele bekannte Gesichter hat das Le Royal schon gesehen. Charlie Chaplin oder den Schriftsteller W. Somerset Maugham. Ende der 60er Jahre nächtigte Jacqueline Kennedy Onassis hier. Nach der Stil-Ikone wurde auch der sogenannte “Signature Coctail“ des Hauses benannt – der “Femme Fatale“. Das trichterförmige Glas für vierzehn Dollar, plus der üblichen zwanzig Prozent an Aufschlägen, die in solch Lokalitäten gerne verlangt werden. Bei dem Preisniveau begnügte ich mich mit einem Carlsberg vom Fass, das musste reichen als Eintrittskarte für meine Beobachtungen.

In den goldenen Zeiten Kambodschas, nach der Kolonialzeit, also den späten 50ern und 60ern saß auch Prinz Norodom Sihanouk gelegentlich am Flügel der Elephant Bar. Er interessierte sich seinerzeit mehr für Musik und Kunst als für Politik, hörte ich mal. 1968 veröffentlichte er sogar in der DDR eine Langspielplatte mit dem Leipziger Rundfunk-Orchester: “Palmen am Meer – Tanzmusik aus Kambodscha“. Alles übrigens Eigenkompositionen des späteren Königs.

Das Bier trank ich bei dem Preis wie einen guten Wein. Ich schaute mich neugierig um. Wo saß wohl Charlie und wo könnte Jackie gesessen haben? Und was ist überhaupt noch original? Hohe Arkaden, Elefantenmalereien an der Decke und den Wänden. Am Eingang ein geschnitzter Elefantenkopf aus Tropenholz und zwei riesige gekreuzte Stoßzähne: “Die seien aber nicht echt“, versicherte mir später der Türsteher beim rausgehen, auf Nachfrage. “Das würde gegen die geltenden Gesetze des Landes verstoßen“. Geschnitzte Elefantenmotive auch an den hölzernen Tischen. Der Name der Bar war Programm. Selbst der Serviettenhalter und der Kerzenständer auf meinem Tisch huldigten dem größten Landsäugetier unseres Planeten.

Ich liebte solch geschichtsträchtigen Plätze. Bars mit kolonialem Ambiente, an denen einst Berühmtheiten dekadent an Cocktails schlürften. Solche Plätze zogen mich an. Galt so was eigentlich schon als pervers? Dieses Faible entwickelte sich übrigens erst recht spät, so mit Ende Dreißig. Ich glaube, es begann in der kleinen Bar im “The Strand“, dem bekanntesten Hotel der burmesischen Hauptstadt Rangoon. Ich sage immer noch Rangoon. Yangon, wie die Stadt heute offiziell genannt wird, hört sich für meine Ohren irgendwie so gummiartig, so künstlich an. George Orwell pflegte unter anderem in der Bar des Strand Inspirationen für seine Romane zu sammeln. Mein neuer Fetisch verfestigte sich später im syrischen Aleppo, in der Hausbar des Hotel Baron. Dort nahmen Lawrence von Arabien oder Agatha Christi ihre Drinks zu sich. Das Baron hatte diese verstaubte Attitüde. Der alte Sessel auf dem ich saß roch muffig und hatte ein Loch. Das fand ich klasse. Eine unbezahlte Rechnung von T. E. Lawrence durfte man in einem Glaskästchen bestaunen. Sachen gibt’s!

Hemingways “La Bodegita del Medio“ in Havanna hingegen hinterließ keinen besonderen Eindruck auf mich. Man kannte die Bar schon zu sehr aus den unzähligen billigen Reportagen, die Anfang dieses Jahrtausends, während des großen Kuba-Hype auf allen Fernsehkanälen rauf und runter liefen. Mit den ganzen Touristen und den tausenden an den Wänden gekritzelten Trinksprüchen und Unterschriften langweilte das Ambiente. Es war ausgelutscht, war nicht mal den Cuba Libre wert den ich dort trank!

Mr. Rith, der Oberkellner, gesellte sich zu mir. Weißes Hemd und schwarze Hose, wie sich das gehört. Ich fragte ihn ein wenig aus. Vieles wusste ich ja schon, was ich mir aber nicht anmerken ließ. Immerhin, er wusste die Jahreszahl an dem das Hotel eröffnet worden ist. Nicht unbedingt üblich in diesem Teil der Welt. Er erzählte mir auch, dass die Elephant Bar erst vor Kurzem renoviert wurde und kaum noch etwas original sei. Selbst die nostalgischen Rattansessel mussten den braunen Ledersesseln weichen. Auch seien die Räumlichkeiten jetzt dreimal größer als zuvor. Nur noch die Malereien an der Wand seinen original. Etwas Enttäuschung. “Aber es sei immer noch derselbe Pianospieler von damals“, fuhr Mr. Rith fort. “Wie“ stutze ich, “der muss ja dann schon fast hundert Jahre alt sein?“ Dann erzählte er mir noch von einem reichen australischen älteren Paar, das hier zu einem Sonderpreis von 20.000 Dollar im Monat dauerhaft in einer der drei großen Suiten wohnte.

Es ist noch immer Regenzeit in Kambodscha. Das Wasser und die Winde rütteln an den schönen großen Fenstern der Elefantenbar. Die Palmen bogen sich in der Dunkelheit vor dem gegenüberliegenden 188 Meter hohen Wattanac-Capital-Tower, dem neuen architektonischen Wahrzeichen Phnom Penhs. Keine Möglichkeit die Bar zu verlassen. Mehr Kellner als Gäste. Ein paar Touristen und nur einige Gäste, die anscheinend auch hier wohnten. Im Fünfminutentakt läuft immer wieder der gleiche Kellner an meinem Tisch vorbei, mein Glas fest im Augenwinkel. Bei zehn Dollar für ein Bier, ließ ich aber gut sichtbar ein Viertel der blonden Flüssigkeit im Glas verweilen. Das ist so was wie eine Netiquette in solchen Etablissements, habe ich irgendwo mal gelesen, die es einem Kellner nicht erlauben zu fragen, ob man noch was trinken möchte.

TusksIst doch alles nur geklaut!TeeterrasseWattanacBlick Richtung EingangDie KarteThe DoormanLe Royal 1929

Kommentare 0

2. Phnom Penh – mal gut das es immerhin noch Sahra gibt…

Regenzeit. Die Temperatur steigt am Tage kaum noch über dreiunddreißig Grad. Dafür ist es luftfeuchter. Ich habe mir ein Apartment genommen, in der 172ten Straße, unweit des Königspalastes. Der Morgenlärm dringt von der Straße durch die offene Balkontür. Die Mopeds werden immer lauter. Fast schon so laut wie die in Indonesien. Aufmerksamkeit erzeugen um jeden Preis. Von meinem Bett aus kann ich die obersten Bauteile der goldenen Dächer des königlichen Anwesen, hinter den ganzen Kränen und Baugerüsten gerade noch so sehen. Nicht mehr lange. Phnom Penh wird täglich höher. Der Nescafé neben mir ist noch zu heiß, um ihn zu trinken. Weiterlesen

Kommentare 0

1. Sihanoukville – Victory Hill

Victory Hill in Sihanoukville, gelegen am Golf von Thailand. Beschreiben wir es kurzum als ein dekadentes Billigaussteigerplätzchen. Der Begriff Endstation – würde aber auch gut passen. Im Grunde genommen nicht mehr als ein paar Häuser und Gassen. Die eine Straße mit billigen Restaurants, die sich preislich gegenseitig unterbieten. Die andere mit Girliebars, die sich Sahara, Tropicana oder The Crazy German Sausage nennen. Fast jede Bar ist zu verkaufen, so fühlt es sich zumindest an. Die Idee vom Aussteigen bis zur Ankunft in der Realität, dauerte in Kambodscha oft nur wenige Monate. Auch das Foggy Notion wird grade umgebaut. Weiterlesen

Kommentare 3

7. Harar – Arthur Rimbaud in Äthiopien

Rimbaud auf dem Höhepunkt seiner kurzen Karriere

Rimbaud auf dem Höhepunkt seiner kurzen Karriere

Angekommen im geschichtsträchtigen Harar, einer tausendjährigen Stadt im islamischen Osten von Abessinien. Für die Muslime ist sie angeblich nach Mekka, Medina und Jerusalem die viertheiligste Stadt der Welt. Die einst für Ungläubige verbotene Stadt, ist immer noch von der alten Stadtmauer umgeben, die sie vor dem christlichen Einfluss schützte. 6 Tore gebieten Einlass und über 100 Moscheen soll es geben. Ein großer Teil der Bevölkerung stellen die Flüchtlinge, des nicht weit entfernten krisengeschüttelten Somalia. Weiterlesen

Kommentare 1

2.Kairo – Arabischer Frühling in Ägypten

Nach längerer Abstinenz von der Bildfläche, dachte ich, es wäre doch mal wieder ein wenig Zeit zu unterhalten und zu belehren. Schon seit geraumer Zeit treibe ich nun durch den arabischen Sprachraum. Und trotz meiner westlich beeinflussten, ja fast grenzenlosen Weltoffenheit, beschleicht mich immer wieder dieses Gefühl, dass sich hier, in diesem Teil der Welt, vieles an Unvernunft verortet… Weiterlesen

Kommentare 1

4. Ulan Bator – Mongolei

Knapp sechs Wochen sind seit der Fähre von Kiel ins Baltikum vergangen. Es ist Sommer in Ulan-Bator, der laut Wikipedia kältesten Hauptstadt der Welt. Die Sonne scheint, und der Himmel ist strahlend blau. Bei 30 Grad ließ es sich aushalten. Und die neue Kultur wollte ja erst mal inspiziert werden. Beste Voraussetzungen. Ein paar Tage wollte ich bleiben, nach den langen Zugfahrten durch die russische Weite. Weiterlesen

Kommentare 2

2. St. Petersburg – Cuba hostel

Cuba

Cuba


Ich hatte mich im Cuba Hostel in der Naehe der Petersburger Champs Elysees, dem Newski Prospekt einquartiert. Von hier aus sollten meine ersten Beobachtungen im Riesenreich Russland beginnen. Einen kleinen Eindruck durfte ich mir ja schon an der lettisch/russischen Grenze verschaffen, als die Grenzer den aus Riga kommenden Zug stuermten, um im Stelzschritt die Paesse zu kontrollieren. Das erinnerte schon ein wenig an einen russischen Agentenfilm, zur Zeit des kalten Krieges!Das Klientel im Cuba Hostel bestand zu meiner Ueberraschung vor allem aus Gelegenheits- und Hobbykommunisten. Der Name des Hostels schien hier Programm: Etwas Millerntor und eine Prise Hafenstrasse. Hier gaben sich diejenigen die Hand, die nochmal ein wenig sozialistische Nostalgie schnuppern wollten – in unserer doch so schnelllebigen Zeit! Der Dresscode wurde  im Cuba uebrigens durchaus ernst genommen. Man kleidete sich um der Gesinnung Ausdruck zu verleihen vorwiegend in schwarz. Dazu gerne  mal ein passendes olivfarbenes Fidel cap und was das sozialistische Insignien Reservoir sonst noch so her gab. Das etwas fortgeschrittenere member der community traegt  (nicht selten um dahinter ein spitzbuebisch grinsendes Milchgesicht zu verstecken) einen franzigen Vollbart. Dieser wird dann nicht selten  mit einer grossen intelektuell anmutenden Hornbrille kombiniert. Stilistisch erinnerte mich das etwas, an Jarvis Cookers‘ Fotoshooting zu seinem letzten Album. Wer hatte da eigentlich von wem geklaut? Der etwas weniger stilsichere Cubahostelianer, begnuegte sich schon mit dem stereotypen Che Guevara T-Shirt oder eines Ansteckbutton mit sozialistischem Ikon – um der Zugehoerigkeit zur Peergroup Ausdruck zu verleihen. In der der Lobby, welche von drallen Sprachstudentin Anna aus Omsk geleitet wurde, hangen ueber der Rezeption zwei schlichte Wanduhren. Eine zeigte die Moskauzeit, die andere die die Havanazeit!

Am nahe gelegenen Newski Prospekt wollte man von solch antiquierten Vorstellungen nichts mehr wissen. Hier fand eine andere Party statt. Hier wurde zur Schau gestellt, geklotzt und auf dicke Hose gemacht. Understatement und Konformismus hatten hier keine Aufenthaltsberechtigung. Vom Porsche Chayenne ueber den neusten Lamborgini bis zum umgebauten Sretch Hummer (durch seine Laenge  fast unlenkbar) war hier alles vertreten. Geld war scheinbar genug da, unter den neureichen Russen. Man zeigte was man hatte und fuhr den Newski auf und ab – um das Ego bei Laune zu halten. Bei laengerer Betrachtung des ganzen Protzes, hatte ich manchmal das Gefuehl, dass sich unter den Neureichen bereits eine gewisse Irritation und Unsicherheit eingestellt hatte. Welches Fahrzeug den ueberhaupt noch standesgemaess waere – war doch schon alles vertreten?! Reichtum und Bildung, gingen in Russland nebenbei bemerkt nicht unbedingt konform!

Auch die russischen durchaus huebeschen Frauen, zeigten was sie hatten. Neben aufwendiger Kosmetik, liebevoller Nagelpflege und nicht mit Reizen geizender Kleidung wurden insbesondere die sekundaeren weiblichen Geschlechtsmerkmal in Szene gesetzt. Ganz nach dem Motto: Wer nicht hat – hat trotzdem! Und waehrend die Fahrzeuge der Maenner tiefergelegt waren, wurde das weibliche Geschlecht  hoehergelegt. Highheels gehoerten zum Pflichtprogramm. Das aufwendige Schuhwerk konnte dabei, so meine Beobachtung, auch schnell mal Richtung Marylin Manson driften – um den angestrebten Modelmassen naeher zu kommen!

Unter der neureichen Schickeria lebte man ganz nach der Praemisse: ‚live your life‘. Nach den Jahrzehnten der Enthaltsamkeit und der staendigen politischen Veraenderungen war der Russe von Natur aus skeptisch. So brachte es ein tschechischer Mitbewohner meines Hostels, der viele Jahre in Petersburg verbrachte auf den Punkt. Politische Stabilitaet, finanzieller Aufschwung usw. koennten jederzeit ein abruptes Ende finden. Also raus mit dem Rubel! Diese Erklaerung schien mir recht adequat!Die russische Seele ist trinkfreudig, wie wir alle wissen. Eine Deutschrussin aus Kasachstan, die ich mal mit meiner Taxe nach Hause bringen durfte, erklaerte mir das folgendermassen: Jede Kultur hat seine Gewohnheiten. Und wenn der Russe mal zum Fruehstuck ne Flasche Wodka trinkt, dann hat das weniger mit saufen zu tun, sondern vielmehr mehr mit einem Brauch. Wie dem auch sei. Dieser alte russische  Brauch war tatsaechlich ueberall und zu jeder Tageszeit anzufinden. Der Gescheaftsmann trank laessig an seinem schwarzen 5er BMW lehnend, gerne  am fruehen Morgen  mal ein Bier. Und die junge freche Natascha im Minirock, schnell noch mal nen Schluck an der Haltestelle, waehrend sie auf den Bus wartete. Boese Blicke Anderer gab es nicht, denn es schien die normalste Sache der Welt. Gorbatschow soll ja waehrend seiner Amtsinhabe viele Brauereinen in Russland ins Leben gerufen zu haben, um die Russen vom Wodka zum doch vertreaglicheren Bier zu konvertieren.

Meine Abende verbrachte ich meistens im Datscha, einem kleinen Club in der naeheren Umgebung meines Hostels. Nicht zuletzt, weil ich bis dahin die Sicherheitslage im naechtlichen Petersburg nicht so richtig einschaetzen konnte. Es ist Juni und alle feierten die sogenannten White Nights. Es war fast 24 h am Tag hell und alles war auf den Beinen und trank Bier. Die Parks und Strassen waren selbst in der Woche um 4 Uhr morgens  noch gerammelt voll, als waere es Samstagvormittag in einer deutschen Fussgaengerzone. Meine innere Uhr geriet voellig durcheinander. Im Datscha verkehrten vor allem russische junge Intelektuelle und  Hipsters. Sie entsprachen optisch so gar nicht dem Bild, des doch eher proletarisch anmutenden Deutschrussen. Mit etwas Glueck fand man hier auch jemanden der etwas Englisch sprach. Was in Russland nicht unbedingt zur Gewohneheit gehoerte, um es mal vorsichtig auszudruecken. Im Datscha lernte ich auch Olga kennen, die mich aus irgendeinem Grund an die ehemalige Warhol Muse Ingrid Superstar erinnerte. Sie verbrachte einige Zeit in Illinois bei ihren Verwandten, war insofern sprachkundig und fuehrte mich in den Petersburger Untergrund ein. Olga war nur bedingt gluecklich, was sich aber gerade aenderte wie sie meinte, lass gerade Hesses‘ Steppenwolf, in dessen Hauptfigur sie sich wiederfand und stand auf die morbiden Filme von Peter Greenway. Sie hatte das Glueck, dass ihre Eltern waehrend der ersten Privatisierungswelle in Russland, Anfang der 90er Jahre fuer einen symbolischen Preis eine grosszuege Altbauwohnung im Petersburger Stadtzentrum erstanden, die in der heutigen Zeit  fast unbezahlbar waere. Ueber Ungerechtigkeiten, Bevorzugungen usw. dieser Privatisierung von Staatseigentum, wird in Russland seltsamer Weise nur ungern gesprochen…man verdreangt es!
Ein anders Phaenomen hatte in Petersburg Hochkonjunktur. Alternde Rockstars gaben in der ehemaligen Zarenstadt besonders gerne Konzerte. Und das zu absurden Preisen, die oft  bei 150 Euro und hoeher lagen. Selbst fuer den doch eher zur Indieszene gehoerenden Morrissey (der ehemaligen a-sexuelle  Frontmann der Smiths),  musste man fuer den guenstigsten Sitzplatz 90 Euro auf Tisch legen. Hier aufzutreten konnte die Rockerrente nochmal richtig aufbessern. Der Newski Prospekt war gesaeumt mit Konzertankuendigungen laengst abgehalfterter Bands wie Foreigner, Nazareth oder Uriah Heep. Selbst die alte Solariumschwuchtel Thomas Anders beglueckte die Russen mit feinstem Bohlen Songwriting der 80er wie Brother Louie oder Geronimos Cadillac. Das ganze allerdings unter dem geschuetzten Namen Modern Talking . Aber Dieter das alte Schlitzohr,  kassierte an dem Namensrecht und an den Auftritten von Thomas sicherlich kraeftig mit…
Neue, Alte und vielleicht kommende Weihnachtsmänner

Neue, Alte und vielleicht kommende Weihnachtsmänner

St. Pieter

St. Pieter

Zebrastreifen

Zebrastreifen

in the datscha

in the datscha

Olga

Olga

Kommentare 0

4. Masuleh – Frauen im Iran

Ich lernte Mari in Masuleh in den grünen Bergen im Nordwesten des Iran kennen. Sie managte die drei Apartments, die ihr Vater vor einigen Jahren errichtete und wenn man so will die Familie mit dem Notwendigsten versorgte. Sie war hübsch, hatte eine fröhliche Art, war ledig und unerfahren. Mari sprach wenig Englisch. Immer wenn es etwas zu klären gab trug sie bereits das Wörterbuch unterm Arm. Wenn ich dann so auf meinem kleinen Balkon saß und die Gitarre spielte, lauschte sie andächtig unten im Hof und nuschelte unentwegt „very very good“! Weiterlesen