sunset in Rishikesh over the Ganga from the roof of my Ashram
indian fairytales and images
get purified
this is a little beggarstreet you have to pass to get from one part to the other in Rishikesh
one of the dominating buildings in Rishikesh
... I am going on a dreadlock holiday, cause i like it! So lautete eine Zeile des groessten Hit der englischen Band 10cc im Jahre 1978. Die dazu gehoerige LP erschien unter dem ironischen Titel: "Bloody Tourists"!
...Dreadlocks nur auf Termin und Bestellung...
student in advanced camelposition at the Ganga
Ich bin in Rishikesh am Fusse des Himalayas, dort wo der Ganges noch fast verunreinigt ist. Nur 21 km entfernt von Rishikesh liegt eine der heiligsten Staedte Indiens, Haridwar die auch schon mal Schauplatz des wichtigsten hinduistischen Festes war, der Kumbh Mela. Beide Orte sind so heilig, dass Alkohol und Fleisch strengstens verboten sind. Selbst das gute Fruehstucksei fehlt auf jeder Speisekarte. Rishikesh erlangte zum ersten Mal in den spaeten 60er Jahren besondere Aufmerksamkeit in der Weltoeffentlichkeit, als die Beatles den damals beruehmten Maharishi Mahesh Yogi aufzusuchten um sich ein wenig in spirituelles Fahrwasser zu begeben. Der Maharishi ist uebrigens vor wenigen Wochen verschieden, was hier in den indischen Nachrichten zu sehen war.
Ich dachte mir Rishikesh als suendenfreier Raum waere ein gutes Exil fuer mein Dasein. Ich hatte das Gefuehl, meinem Koerper nach den dekadenten Tagen in Suedostasien etwas Geiselung und Selbstkasteiung verordnen zu muessen. Da meine Glieder schon von jeher etwas steif sind, sollten diese durch einen einwoechigen Yogakurs fuer Anfaenger etwas auf Vordermann gebracht werden.
Da ich mit Religion und Spiritualitaet nicht allzu viel am Hut hatte, suchte ich nach einer eher wissenschaftlich ausgerichteten Yogavariante. Im Vorfeld fragte ich deshalb in einem einschlaegigen Forum um Rat:…“ob mir jemand bitte ein Yogarichtung empfehlen koenne, die tendenziel eher praktisch und weniger spirituell ausgerichtet sei. Als ich am daraufolgenden Tag ins Forum schaute um die Resonanz abzurufen staunte ich nicht schlecht. Mein Briefkasten war dabei ueberzuquellen! Leider war nicht eine unter den ganzen Antworten dabei, die mir ernsthaft weiterhalf. In einer mail hiess es;…“wenn du nicht glauben willst, dann bleib da wo du bist!“. Ein anderer Ratgeber unter dem Pseudonym ‚Preacher‘?! schrieb mir: „Geh mal lieber ins Fitnessstudio und mach ne Diaet!“ Ich wusste gar nicht das spirituelle Menschen so boese sein konnten?!
Aber was war ueberhaupt Spiritualitaet fragte ich mich immer mehr im Zuge meines Vorhabens. Spiritualitaet und religioeser Eifer bedeuteten doch nicht das gleiche – oder? Ich ueberlegte ein wenig. Es musste soviel bedeuten wie Selbstvergeistigung oder vielleicht ‚In sich gehen‘? Ferner fragte ich mich wer waren diese Spirituellen ueberhaupt? Gehoerten sie nicht zu diesem Menschenschlag, der mit allen Mitteln nach der Glueckseeligkeit suchte ? Diejenigen die gerne an Horoskope glaubten und Tarotkarten legten? Waren es nicht solche Menschen die tendenziell zu Therapien neigten und ihr Glueck staendig im mystischen Umfeld suchten? Die Selbstbezogenen – die immer nur ihr eigenes Glueck vor Augen hatten? Nie die Wahrheit akzeptierten, indem sie immer Andere und Anderes fuer ihr Leiden verantwortlich machten? Diejenigen die nie ankommen weil sie nie zufrieden sind? Ich sollte es bald herausfinden!
Ich hatte mich letztlich fuer Hatha Yoga entschieden. Eine Yogarichtung die ihren Ursprung im 15. Jahrhundert hatte und die angeblich schon Lord Shiva ins Nirvana befoerderte. Das schien mir eine gute Wahl. Das Wort Yoga stammt aus dem Sanskrit, einer der aeltesten Schriftsprachen unserer Welt, und bedeutet Vereinigung. Damit sind die Verschmelzung verschiedener Elemente gemeint, wie Sonne und der Mond oder Koerper, Seele und Geist. In meinem Ashram gab jeweils am Morgen und am Abend eine Session von 1,5 Stunden, geleitet von Swami Umesh Yogi. Ein gutausehender junger Inder so um die Anfang 30. Ein Yogibeau koennte man sagen. Moechte nicht wissen wieviele westliche Studentinen er schon auf seinem Gewissen hatte?
Yoga bestand aus verschiedenen Asanas (Positionen), die man einnahm und in denen man fuer eine gewisse Zeit verharrte. Jede Asana hatte eine bestimmte Wirkung. Wichtig war dabei, dass die jeweilige Asana bewusst ausgefuehrt wurde und das die Atemtechnik stimmte. Es gab Asanas welche die Verdauung foerderten, vorbeugend gegen Nervositaet und mentale Schwaeche als auch gegen Angst wirkten. Und da gab es welche die unsere Konzentration staerkten und jawohl es gab sogar Asanas die bei sexuellen Problemen helfen sollten. Kurzum, es gab Asanas gegen Alles und fuer jedes Wehwechen.
Manchmal musste ich wie ein Flamingo auf einem Bein stehen, angereichert mit weiteren schmerzhaften Verrenkungen. War manchmal gar nicht so einfach! Dann gab es die sog. Kamelposition (siehe Bild), die Totenstellung, den Drehsitz usw.. Am meisten Probleme bereitete mir der Lotussitz (verschraenkte Beine mit Gesaess auf dem Boden, Buddhaposition). Leider musste ich schon nach kurzer Zeit feststellen, dass ich mit Abstand der steifeste Bock unter den meist weiblichen Studentinnen war. Ich gab aber nicht auf und konnte nach einer Woche sogar meine Fussspitzen fast mit den Handflaechen beruehren. Am Schluss einer jeden Sitzung murmelte man Mantras vor sich hin, wobei ich mich allerdings in bezug auf meine Authentizitaet etwas zurueckhielt. Nur einmal hab ich mich der westlichen Dekadenz waehrend meines Aufenthaltes in Rishikesh unterworfen. Auf einem indischen Sportkanal zeigte man die Championsleauge Paarung Schalke gegen Barcelona.
Rishikesh war heute sowas wie ein spirituelles Disneyland. Von ‚organic food‘, spirituellen Buechern ueber spirituelle Musik (die alle 15 Meter aus den Boxen der CD Verkaufsstaende droehnte) jeder Art, war alles zu haben. Eine Schlaraffenland fuer den heilsuchenden Westler. Und natuerlich wurde von Yoga bis Reiki – der Ayurwedamassage bis zum Handflaechenlesekurs alles feilgeboten. Spiritualitaet als Ware?!
Die westlichen Pilger hier vor Ort trugen gerne Rot. Man ging gerne Barfuss und gab sich etwas schmutzig bis verzottelt. Waehrend in Thailand noch Glatze, Muskeln und Tattoos die Travellerszene dominierten, gab man sich hier vor allem hippiefied und freakig. Ich habe wohl noch nie so viele Dreadlocks auf einem Haufen gesehen wie in Rishikesh. In Sachen Dreadlockdichte koennte wahrscheinlich hier nicht mal good old Kingston town auf Jamaika mithalten. Jeder Ort hat eben seine eigene Mode. Da haben wir Menschen schon etwas Amphibienhaftes an uns, indem wir uns immer wieder neu unserer Umgebung bzw. unserem Umfeld anpassen. Quasi eine Art Metamorphose an einen neuen Lebensraum – wenn auch nur temporaer: Der St. Paulianer traegt mit Vorliebe schwarz. Der Spirituelle hingegen eher rot. Die Militanten lieben es gefleckt. Der brave Oeko bevorzugt Birkenstock’s und Wollpullover. Der Kiffer in Indien zwirbelte unentwegt an seinen Dreads, waehrend die Reichen in Monaco zu italienischen Designerlabels‘ wie Prada und Gucci tendierten. Mode und Dresscodes werden zur Kirche der Gesinnung! So ungefaehr wie mit 14 in der Pause auf dem Schulhof. Man rauchte, selbst wenn es einem nicht schmeckte. Man wollte dazugehoeren, so eine Art Gruppenzwang!
Wie formulierte es nochmal dieser franzoesische Philosoph in den 60er Jahren, dessen Name mir gerade nicht einfaellt. „Die Menschen denken nicht, sondern werden vielmehr gedacht!“ Ich meiner Selbst natuerlich auch, um den aufsteigenden Blutdruck der Gutmenschen zu senken!
Zwischen dem heiligen Haridwar und Rishikesh lag auf halber Strecke der Ort ‚Midway‘. Ein Suendenbabel! Dort gab es Fleisch und Alkohol in Huelle und Fuelle. Es ist dort immer maechtig was los. Aber anscheinend mussten auch mal die geschlauchten Haridwaner und Rishikaner gelegentlich mal ihren Brummkreisel anschmeissen…Ohhm Hare Krishna Ohhm