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9. Zwischen Äthiopien und Kenia: Moyale

tusker

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Das Ende von Äthiopien. Moyale im Süden, rund 25.000 Einwohner. Ein geteiltes Grenznest, eine Hälfte äthiopisch, die andere, noch staubigere Hälfte kenianisch. In der Mitte gibt es einen Holzbalken als Grenzmarke. Jeder lebt mehr oder weniger auf seiner Seite. Und das – obwohl es unter den Moyalern, bei Vorzeigen des Personalausweises freien Grenzverkehr gibt. In wenigen Tagen findet ein gemeinsamer Jugendmarathon statt, verkünden Lautsprecher und ein über die Hauptstraße gespanntes Spruchband. Verbinden soll er, die beiden Völker!

Die Kenianer kommen öfter auf die äthiopische Seite als umgekehrt, sagt mir mein neuer geschäftstüchtiger Freund, während einer Tasse Kaffee. Es ist um einiges billiger dort. Vor allem das Benzin und die Prostituierten, lacht er. Ansonsten haben sich beide Völker nicht allzu viel zu sagen. Der Äthiopier gilt dort als rückständig – der Kenianer hier als Schwarz! Man macht sich gerne über den anderen lustig. Das ist nicht unbedingt böse gemeint, sondern man empfindet sich eben anders. Warenaustausch zwischen den beiden Ländern gibt es nur wenig.

Die Straße von der äthiopischen Grenze, Richtung Nairobi, ist bekannt als eine der schlechtesten Straßen in Ost-Afrika. Für die knapp 200 km nach Marsabit, dem nächsten staubigen Kaff, sind gut 10 materialzehrende Stunden fällig. Vor kurzem trieben hier noch Banditen ihr Unwesen, und auch heute geht es immer noch im bewaffneten Konvoi, durch die rote nordkenianische Wüste.

Drought

Hier und da trabt mal ein Strauß über die Piste, noch öfter sieht man sowas wie Zwergantilopen, kaum größer als ausgewachsene Feldhasen. Auch Giraffen und was wir sonst noch aus den alten Daktari Filmen kennen, soll es hier reichlich geben. Die Eingeborenen sind auffällig bunt gekleidet, mit Sperren und schwerem noch bunterem Halsschmuck. Einige von ihnen sind recht großgewachsen. Sind aber keine Massai, lässt mich mein Sitznachbar wissen, die leben weiter im Süden des Landes. 42 verschiedene Stämme soll es geben, in Kenia. Jeder Stamm mit anderen Gesichtern, anderen Sprachen.

Schon an der kenianischen Immigration, am Holzbalken, lauern meine neuen Freunde auf mich. Die kenianischen Grenzer rufen uns noch hinterher: Lasst den Mzungo (so nennt man uns hier) in Ruhe! Eilig erhöhe ich mein Schritttempo, um die Bande abzuschütteln. Ein verstohlen dreinblickender, hagerer Kerl, mit einem langen Wickelrock bleibt besonders hartnäckig. Er möchte mir unbedingt das Busticket nach Marsabit besorgen. Er hätte mich schon auf der äthiopischen Seite von Moyale begrüßt. Ich würde mich doch noch an ihn erinnern? Ein schlichter ungewollter Gruß, wird in diesen Breitengraden anscheinend schon als Vertrag gesehen! Im selben Moment kommt ein zweiter kleinerer, etwas gedrungener Schlepper, freudenstrahlend wie ein alter Bekannter von vorn auf mich zugelaufen und signalisiert dem Hageren, das er verschwinden solle. Er würde mich nämlich schon von gestern kennen! Die beiden kriegen sich in die Haare, während ich weiter versuche Richtung Bushaltestelle zu entkommen. Andere hungrige Schlepper, welche die Witterung aufgenommen haben, werden von den beiden Streithähnen energisch in die Schranken gewiesen. Kein Platz für Nebenbuhler. Der Kleinere meint plötzlich, als er merkt, dass der Hagere nicht so ohne weiteres das Feld räumen würde, er hätte mir das Ticket vorsichtshalber schon mal besorgt. Ihm wäre doch klar gewesen, dass ich nach Marsabit wolle, grinste er. Langsam wurde mir schwindelig.

Der Hagere tauchte übrigens am nächsten Morgen vor meiner Abfahrt nochmals auf. Hartnaeckig klopfte er drohend und fordernd an die Fensterscheibe des Busses. Ich würde ihm noch Geld schulden!

Im nächsten Jahr standen Wahlen an in Kenia. Das war jeder Tageszeitung, jedem Fernsehkanal zu entnehmen. Wahlen sind in Afrika eine äußerst komplizierte Angelegenheit, versicherte mir James, den ich in Marsabit kennenlernte. Ein enger Leibwächter des kenianischen Präsidenten Kibaki. In dem kleinen Provinznest war der Teufel los, alle Hotels waren belegt. Um ein Haar hätte ich auf der Straße schlafen müssen. Das Staatsoberhaupt sollte am Nachmittag in Marsabit zwischenlanden, um den Bau der neuen Straße nach Moyale zu verkünden. Ein fünfjähriges Projekt, das endlich für Asphalt zwischen den beiden Ländern sorgen sollte.

Wahlen in Afrika waren das Lieblingsthema, des eher ruhigen James. Liegt wohl auf der Hand, bei dem Arbeitgeber?! Sie müssen genauestens geplant werden und können schnell in einem Bürgerkrieg enden, referierte er mit Inbrunst. Eine Präsidentschaftswahl ist oft tragischer als eine schlechte Amtsperiode. Die Menschen in Afrika fürchten sich vor der Wahl. Wahlen bringen oft Schrecken und Ungewissheit. Wahlen in Afrika sind vollkommen anders, können mit denen im Westen in keinster Weise verglichen werden, so James. Der Verlierer einer Wahl in Afrika wird nie klein beigeben und wird alles versuchen diese anzuzweifeln. Das ist immer so gewesen! Selbst dann, wenn die Wahl für afrikanische Verhältnisse halbwegs demokratisch und korrekt verlaufen ist.

Die letzte Wahl in Kenia im Jahre 2002 sorgte für viel Unruhe im Land, führte das Land an den Rand des Ruins. Auch die Touristen blieben aus. Vor allem solche, die 300 $ am Tag für eine Safari zahlen. Schon jetzt beschwören die Medien kollektiv ein Szenario, was den alles passieren könne. Experten schlagen deshalb vor, die Wahl vorsichtshalber noch mal um ein Jahr aufzuschieben. Der Sicherheit und Wirtschaft wegen.

 

1 Kommentar

  1. DerBiertrinkendeVeggie sagt:

    Na das war ja sehr informativ. Bekommst du denn eigentlich was von der Hungerkatastrophe am horn von Afrika plus Hinterland mit? Hier wird schon seit Wochen darüber berichtet.
    Ich glaube, die Ethnie, die du da oben im Norden gesehen hast, nennen sich Kikuyu. Der Truck Bus sieht ja imposant aus. Ich habe vorhin gebucht…komme genau einen Monat vor Heiligabend in BKK an……dann können wa wieda eenen druffmachen, wa Keule…
    weiterhin viel Spass …auf der Strasse nach Süden…..immer den…..hinterher

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