Sehr geehrter Dr. Olaf Rieck,
seit knapp 2 Wochen tapere ich nun schon entlang der Trekkerautobahn von Jiri nach Gokyo – durch die herrliche himalayische Khumbu Region. Welch schoene und erholsame Wanderung! Seit einigen Tagen fuehle ich aber nun ein leichtes Unbehagen in mir. Zuerst wusste ich gar nicht wie dieses Gefuehl entstanden war, aber heute morgen als ich eine hot lemon in meinem Guesthouse schluerfte wurde ich mir der Ursache meines Unwohlseins bewusst. Es waren die unzaehligen Aufkleber der Trekker und Trekkingorganisationen an den Fensterscheiben, die mir in ihrer Fuelle die Sicht nach draussen in die Natur versperrten! Oft gab es kaum noch eine Stelle durch die man hindurchblicken konnte.
Ist das nicht furchtbar Herr Doktor? Da macht man sich so einen weiten beschwerlichen Weg durch die duenne Bergluft des Himalayas und kann von den touristischen Lokalitaeten nicht mehr mal die Gipfel der herrlichen Berge erblicken. Das weitgereiste hungrige Auge nimmt nur noch banale Aufkleber von Malerfirmen, Bierbrauern, Landesflaggen diverser Nationalitaeten und vor allem Logos von profilierungssuechtigen Trekkern wahr. Man hat das Gefuehl man befindet sich in einer Form von postmodernem Neokolonlianismus, den die armen Nepalesen hier vor Ort erdulden mussen. Manchmal ist mir dabei so schlecht geworden, dass mir das Dal Bhat buchstaeblich im Rachen stecken blieb.
Vor allem ihr Aufkleber Herr Dr. Rieck, geriet staendig in mein Blickfeld: „Abenteuer Leben“ musste ich ueberall lesen – muss man promoviert haben um auf so einen Quatsch zu kommen?! Sie verkaufen sich als Abenteuerer und wissen doch genau, dass alles hier auf der nepalischen Trekkerautobahn vollkommen durchorganisiert und vermarktet ist. Von der Pizza zum Schokoladenkuchen bis zur 24 hour open Bar in Namche Bazaar ist alles zu haben! Wollen sie uns etwa fuer dumm verkaufen? Sie wissen doch selbst, dass heutzutage jeder finanzkraeftige Geltungssuechtige auf Leitern den Mt. Everest erklimmen kann, waehrend der arme Sherpa ihm weiter unten das Yaksteak zubereitet. „Brave new world“ um es mit den Worten von Aldous Huxley zu umschreiben.
Alleine 35 Mal ist mir ihr Aufkleber aufgefallen, welch Verschandelung einer so wertvollen Kulturregion. Welch toerichter Narzismus wohnt in Ihnen Herr Dr. Rieck? Sie benehmen sich wie ein raeudiger Kater, der ohne Ruecksicht auf Umwelt und Natur egoistisch sein Revier absteckt! Wissen sie ueberhaupt wieviel Giftstoffe die Herstellung solcher Aufkleber produziert? Nein?! Dann schauen sie bitte schnell mal im Internet nach! Ich glaube Sir Edmund Hillary wuerde sich im Grab umdrehen, wenn er von ihren dummen Jungenstreichen erfuehre!
Ich habe deshalb in Uebereinkunft mit vielen anderen Trekkern beschlossen (mit dem von mir erworbenen Spachtel auf dem Samstagssmarkt in Namche), ihre ueberfluessigen Aufkleber zu entfernen! Ich gehe davon aus, dass sie als gebildeter Mensch meinen Auftrag nach dem lesen dieses Schriebs verstehen werden und dieser auch in ihrem Sinne sein wird? Ach ja, ganz nebenbei bemerkt, kommen sie bitte nicht wieder erneut auf die Idee die Scheiben der jeweiligen Lokalitaeten zu verkleistern, denn ich, als auch andere Umweltschuetzer werden jedes Jahr erneut dafuer Sorgen das diese wieder entfernt werden.
In diesem Sinne – mit freundlichen Gruessen der Robin Hood Der Nepalesischen Fensterscheiben
Lieber Robin Hood,
der nepalesischen Fensterscheiben! Es ist ja so wohltuend, wenn Menschen wie sich sich fuer die Erhaltung der Khumbu-Region einsetzen.
Ich wuenschte, es gaebe mehr Menschen mit Ihrem Engagement. Danke, dass Sie mir die Augen geoeffnet haben!
Herzliche Gruesse
Sehr geehrter Herr Dr. Rieck,
schoen das mein Schrieb sie zur Vernunft gebracht hat. Augen zu oeffnen war schon immer ein wichtiges Anliegen meinerseits. Sie wissen ja wieviel Unvernunft in uns Menschen stecken kann?! Natuerlich habe ich im Zuge ihrer Einsicht auch ihre Aufkleber da gelassen – wo sie auch heute noch kleben! Immerhin haengen an diesen Aufklebern auch einige nepalesische Arbeitsplaetze…
In diesem Sinne Ihr Robin
22. Mai 2008 02:32
Naja, so ein Aufkleber ist doch eine praktische Sache. Biologisch gesehen logisch. Manche Tierarten pinkeln an jede Ecke um ihr Revier abzustecken, der moderne Mensch nimmt eben Aufkleber. Und hat ja die praktische Seite, dass man so auf seine Website aufmerksam machen kann (die zugegebener Weise nett ist – siehe da, schon hat der Aufkleber wieder Erfolg gehabt…). Natürlich nur für die Erhaltung der Khumbu-Region, nicht etwa auch aus kommerziellen Gesichtspunkten…
Stefan aus Phnom Penh
26. Mai 2008 06:14
Schalom
Kleiner Gruß aus dem Heimat-Mikrokosmos.
Wir haben seit Wochen eine heitere Hitzeperiode in der Norddeutschen Tiefebene (400 Sonnenstunden im Mai).
Die politische Stimmung kippt zweigleisig gegen kriminell agierende Manager und Konzerne, sowie gegen Nassauer gleichermaßen.
Dementsprechend kann man zaghafte Versuche beobachten, identitätsstiftende Gesellschaftsdiskurse anzustoßen – dabei viel Gutgemeintes (das ganze Bild leider selten Überblicken- Könnende (Guido,..)), aber auch durchaus Talentiertes….
Ach so, da du mir im Falle einer Antwort bestimmt neben unangebrachter Hybris noch andere Spitzen mitgeben wirst, möchte ich noch kurz ein gutes Wort für den Doc einlegen.
Hast du dich in deiner Tirade möglicherweise so weit raustreiben lassen, weil der gute Doc seine inneren Hindernisse überwinden konnte und unter Inkaufnahme der Giftvermehrung und Aussichtsverminderung auf seinem „Weg ist das Ziel-Marsch“ sich zumindest eine Dynamik erhalten konnte – auch wenn er die Bewerbung seiner Aktivitäten vorbehaltlich mit positiv naiven Formulierungen betreibt.
So, ich steig langsam selber nicht mehr durch und beende meinen Gruß mit gutgemeinten Wünschen, gewürzt mit dem dir wohlbekannten obsessivem Kritizismus. Aloha,VW
2. Juni 2008 23:28