…da war es mal wieder dieses boese Gefuehl, das sich hin und wieder in meinem kleinen Hirn breit machte?! Viele Menschen schieben solch boese Gedanken ja gerne auf ihre verkorxte Kindheit – ich sehe es aber eher als eine Reflexion meiner erlebten Realitaet. Ich war an diesem Morgen scheinbar mit dem falschen Fuss aufgestanden, ich befand mich in Siem Reap/Kambodscha, einer der Touristenhochburgen hier in Suedostasien. Ich war gerade auf dem Weg zu einem passablen Fruehstuecksplaetzchen und war bei jedem Schritt zunehmend genervter von all diesen ganzen Farangs (Langnasen), die sich hier tummelten wie Fliegen um ein Stueck Scheisse.
Siem Reap ist Ausgangsort fuer eines der groessten architektonischen Wunder unseres Planeten! Die Khmer Tempelanlage Ankor Wat, die vor einigen Jahren auch als Kulisse fuer die Hollywoodproduktion Tomb Rider mit Angelina Jolie in ihrer Rolle als das Superweib Lara Croft diente. Seit einiger Zeit kann man sogar vom ehemaligen Travellerkleinod Koh Samui in Thailand (o.k. das ist schon ne Weile her!) direkt nach Siem Reap fliegen. Die Stadt versinkt im Tourismus, sie besteht quasi nur noch aus Hotels, Restaurants, Bars, Souviniershops, Travellagencies und sonstigen Schnickschnack.
Zurueck zu meiner aufsteigenden Boshaftigkeit: Ich hasste Sie alle an diesem Morgen: die Tuk-Tuk driver und Moto-driver, die einen staendig vollquatschten, die Bettler die sich hier aus allen Landesteilen versammelten um die Hand aufzuhalten. Vor allem aber waren es die vielen Touristen, die mich nervten – dabei war ich selbst einer von Ihnen! Ich konnte es nicht mehr ertragen dieses elende Pack! Die schlecht gekleideten Pauschaltouristen, die ausehen wie Rentner die Florida gebucht und sich verlaufen haben; die digitalisierten Grosswildjaeger mit ihren ueberdimensionalen Kameraobjektiven, die vor nichts halt machten, aber von nichts ne Ahnung hatten. Die fetten Sextouristen mit ihren Schweissperlen auf der Stirn; die neokapitalistischen verlogenen Twentysomethings in ihren Che Guevara T-Shirts und dem Handy am Ohr; die zittrigen Rentner, die sich hier immer mehr breit machten – da ihre Rente im eigenen Land nichts mehr wert war – und…O.k., O.k. ruhig Blut Brauner, halte deinen Zorn im Zaum!
Fast jedes Lokal hier in Siem Reap war mittlerweile im Besitz eines dieser Silberlocken, die Einheimischen durften in diesen dann fuer 30 US Dollar im Monat die Drecksarbeit erledigen. Der Altersunterschied zu ihren einheimischen Frauen betrug nicht selten weniger als 40 Jahre. Und so sollte es auch sein, da war man sich in der eingeschworenen Gemeinde schon einig. Ich sass so manches Mal an solchen Tischen und habe ihre Gespreache belauscht, waehrend das Pack abgedroschen vor sich hin jauchzte, lachte und ueber Erziehungsmassnahmen ihrer Geishas diskutierte! Vor allem aber ging mir an diesem Morgen eines auf den Keks: Der konventionelle Backpacker!
Mich ueberkam mittlerweile immer mehr das schleichende Gefuehl, dass diese alle uniformiert bzw. geklont waren! Mann/Frau traegt entweder ein Che Guevara – Beer Lao – oder – Danger Cambodia Landmines – T-Shirt. Man befand sich schliesslisch in einem gefaehrlichem Land und das sollte jeder wissen. Fuhr aber letztlich in klimatisierten Bussen nichts anderes als die Lonely Planet Route ab. Der groesste Witz waren aber die „Same Same – But Different“ T-Shirts, dass fast jede(r) 2te traegt. Ironie des Schicksals, wo sie doch fast alle gleich waren! Kultur, das Verborgene, das noch zu Entdeckende interessierte den durchschnittlichen Backpacker wenig – man war unterwegs, weil es, wie heisst es so schoen, „On Vogue“ ist. Einige behaupten gerne, es solle gut fuer die Karriere sein mal die Welt mit anderen Augen gesehen zu haben – in meinem Fall trifft das wohl nicht mehr zu!
Zurueck zur Boygroup-Pussy, sie kommt seltsamer vor allem aus dem Vereinten Koenigreich (d.h. nicht das ich Briten nicht mag), oft aber auch aus dem skandinavischen Raum oder aus Israel. Sie traegt bevorzugt 3/4 lange Army oder Hawai-Shorts und bevorzugt, wie der Begriff als solches schon impliziert, eine gegelte oder hochtoupierte Boygroupfrisur im Stile etwas aelterer Bands wie Take That oder Boyzone. Die Boygroup-Pussy ist in der Regel recht trinkfest und laut, dabei aber nicht unbedingt unfreundlich! Kultur interessiert sie nicht, man unterhaelt sich uebers Shopping, wo man als naechstes hinfaehrt oder wie teuer das „Around the world ticket“ war oder auch nur ueber den Pfannekuchen an der naechsten Strassenecke. Alles ist great, awesome oder nice: spezifischere Beschreibungen von Eindruecken gibt es in der Regel nicht.
O.K. soweit so gut, kommen wir nun zur zweiten Spezies unter diesem Touristenpack, eine Variante Mensch, die uebrigens auch in der Deutschen Republik immmer haeufiger aufzutreten scheint. Ich nenne sie die Bruce Willis Variante: der Willis-Typus traegt wie sein „Rollenmodel“ gerne Glatze, nicht zuletzt natuerlich wegen seines ueberhoehten Testosteronspiegels! In der Regel stammt er seltsamer Weise auch oft von der Insel, traegt gerne Armyklamotten und Tattoos und vor allem…
?!!! AAehhhhhh! CUT!!
Mittlerweile sitze ich in einem kleinen netten Cafe und mein Adrenalinspiegel hat sich weit abgesenkt. Um die Ecke bog gerade eine alte schwarze 190er Mercedes Heckflosse, schaetze mal so Baujahr 68. Herrlich! Oder war es eventuell der Farang, der mit seiner huebschen Khmer auf dem Sozius soeben auf seinem Motobike an mir vorbeirauschte, der mich aus dem Konzept brachte? Die Boshaftigkeit hat nachgelassen, ich fuehle mich besser und kann nicht mehr weiterschreiben! Wie sang noch mal John Lennon
„All you need is love“ dab da dab da dab……………..
Hi,
hoffe dir gehts bestens, ausserdem hast du wieder ein paar geile reports abgegeben, sehr erfrischend im Vergleich zu den meisten anderen (darunter auch meinen) reinen Tatsachen und Routenbeschreibungen. Am liebsten waere ich auch wieder unterwegs, insbesondere wenn ich die Berichte derer lese, die noch cruisen.
Wuensch dir weiterhin alles Gute auf deiner Tour, wo bistn grad?
18. Januar 2008 02:32
Hallo Olivier,
vielen Dank für die treffende Darstellung der Backpackerszene in Asien (sie erinnerte mich sehr an meinen Baliurlaub vor ein paar Jahren). Allgemein gefällt mir Dein Schreibstil sehr gut: informativ, kurzweilig, unterhaltend. Du solltest das mal als Buch rausbringen. Komme gerne wieder auf Deinen Blog
13. Januar 2008 23:06
boccioni hat gesagt…
ey oli, ich weiss gar nicht, was ich sagen soll, aber dein blog einfach grossartig. entschuldige, dass ich erst jetzt die zeit gefunden habe, mich damit zu beschäftigen. Goldwert. Echt. oh mann, zum thema zeit und burroughs und so, ich kann grad in keinem raum, so richtig spuren hinterlassen, bei mir hat grad alles eine geschwindigkeit von, zu schnell auf jeden fall. zum glück finde ich meinie inseln. übrigens viele grüsse von steffen. naja, aber eigentlich wollte ich dir vor allem ein wunderbares jahr wünschen. und lebe weiterhin gut und sterb möglichst spät und wenn dann, ein tod, der für dich angemessen ist und ich würde mir wünschen, dass wir uns vorher nochmal wiedersehen. und das es schön sein wird, wie es immer war. reisen verändert. oli, echt,ich glaube, ich kann mir gut vorstellen, wie hart es auch manchmal sein muss oder ist, aber dein – wie soll man sagen – dein kerouasomething und die dazugehörige virtuelle reflexion wird überhautp dein lebensprojekt sein. naja, ich hoffe, das klingt nicht so oberschlau, aber ich bin wirklich begeistert, gute bilder, guter text, gute gedanken eben. eben oli, man schreibt eben und nicht ebend! ich hoffe, du lachst…naja, ich bin ja jetzt schon eine weile in zürich. studiere in leipzig. bin immer am wochenende dort, also einmal monatlich vielmehr. lerne viel und erfreue mich am wissen zur stadtentwicklung, entstehen, soziologischen zusammmenhängen, ökonomischen natürlich auch. und steffen ist seit september mit mir hier in zürich. alles in allem sehr schön. wenn nicht immer arbeiten angesagt wäre oder ständig in minimaler zeit weite distanzen zu überwinden. die abschliessenden worte, die auch nochmal extra entschuldigen sollen, wie rar das kostbare gut ist und das schreiben dann schwer oder ausfällt, aber gesprochen haben wir oft von dir. alle, die du so aus dem klostergang kennst. die damen im besonderen 😉
15. Januar 2008 14:15
angelina hat gesagt…
oh, nee olli, jetzt habe dir anderthalbstunden was geschrieben und es ist – weg!!! man, also kurzversion: sorry, grossartig, denke an dich und hoffe, es bleibt schön und es es wird, schön, wenn wir uns wiedersehen. etwas ausführlicher. dein block ist echt goldwert. beindruckende bilder,stimulierende texte, gute gedanken eben. oh mann, ich hatte dir soviel zu erzählen, ich hoffe, ich finde bald noch mal die nötige zeit, sitze seit ca. acht monaten in einer art d-zug. soviel zu burroughs.drück dich
15. Januar 2008 14:22
angeln mit ina hat gesagt…
ääääääääääääää, erst lesen, dann denken! und handeln! viele grüsse in den osten. es grüssen dich zwei trottel, aber liebenswerte, aus zürich und winken dir freundlich zu!
15. Januar 2008 14:24